Stolpersteine – Ein Kunstprojekt für Europa von Gunter Demnig

Der Künstler Gunter Demnig erinnert an die Opfer der NS-Zeit, indem er vor ihrem letzten selbstgewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing ins Trottoir einlässt. Inzwischen liegen STOLPERSTEINE in 1265 Kommunen Deutschlands und in einundzwanzig Ländern Europas.

‘Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist’, zitiert Gunter Demnig den Talmud. Mit den Steinen vor den Häusern wird die Erinnerung an die Menschen lebendig, die einst hier wohnten. Auf den Steinen steht geschrieben: HIER WOHNTE… Ein Stein. Ein Name. Ein Mensch.

Der LSVD Sachsen-Anhalt unterstützt dieses Projekt, indem wir Spenden für weitere queere Stolpersteine in Sachsen-Anhalt sammeln.  Hilfst du uns dabei?

Wilhelm Krüger

Wilhelm Krüger wurde 1939 in Magdeburg verhaftet und von der Polizei Magdeburg zunächst in Untersuchungshaft wegen Verstoßes gegen §175 StGB genommen. Er hatte keine Vorstrafen. Vom Landgericht Magdeburg wurde er zu drastischen drei Jahren Zuchthaus, vermutlich aufgrund §175a StGB, verurteilt und am 21. Dezember 1939 in das Zuchthaus Coswig in Anhalt transportiert. Nach Strafverbüßung wurde er nicht in die Freiheit entlassen sondern zunächst in das KZ Buchenwald, später in das KZ Dachau eingelie¬fert. 1942 kam er von Dachau aus auf einen „Invalidentransport“ mit unbe¬kanntem Ziel. Es gab solche Transporte für nicht mehr arbeitsfähige und kranke Häft¬linge z. B. von Dachau in das Schloss Hartheim, wo die Häftlinge vergast wurden. Seine nachfolgenden Todesdaten sind zumindest unsicher, wenn nicht gar gefälscht, um die Mörder zu schützen. Er starb angeblich am 20. November 1942 im KZ Dachau an Verdauungsproblemen im Alter von 48 Jahren. Nur rund sieben Monate hatte er das KZ-System der Nazis überlebt. Tatsächlich starb er aber doch wohl durch die Strapazen der Haft und die Unterversorgung im KZ.

Hans August Knüppel

Hans August Knüppel, geboren am 7. Januar 1899 in Magdeburg-Sudenburg, Kaufmann und Eisenhändler, wohnhaft in Magdeburg, Hermann-Göringstraße 5 (heute Tucholskystraße 5), verhaftet 1935, Polizeigefängnis Magdeburg, entlassen 1936, verhaftet 1938, verurteilt wegen § 175 StGB zu vier Jahren Zuchthaus in Coswig, 19. Februar 1942 KZ Buchenwald, 13. März 1942 KZ Ravensbrück, 20. Juli 1942 KZ Dachau, tot am 17. November 1942 in Dachau.

Was wissen wir von ihm?

Hans August Knüppel wurde am 7. Januar 1899 in Magdeburg-Sudenburg geboren. Sein Vater war der Ingenieur Wilhelm August Julius Knüppel, seine Mutter Adele Knüppel, geborene Günther. Er war evangelischer Religion.

1935 arbeitete er als Kaufmann und Eisenhändler in Magdeburg; der ledige 36Jährige wohnte noch bei seinen Eltern in Groß Ottersleben Hermann Göringstraße 5, heute Magdeburg-Sudenburg, Tucholskystraße. Am 1. August 1935 wurde er von der Polizei wegen Sittlichkeitsverbrechens nach §175 StGB in das Gefängnis Magdeburg eingeliefert und deswe-gen am 10. September 1935 vom Amtsgericht Magdeburg zu zehn Monaten Gefängnis, abzüglich einem Monat Untersuchungshaft, verurteilt. Zur weiteren Strafverbüßung wurde er im Februar 1936 in ein anderes Gefängnis transportiert. Im Juni des gleichen Jahres dürfte er dort zum rechnerischen Strafende entlassen worden sein.

1938 wohnte er immer noch an der gleichen Anschrift zusammen mit seiner Mutter. Am 25. Januar 1938 wurde der mittlerweile 39Jährige erneut von Polizei in Untersuchungshaft in das Gefängnis Magdeburg wegen „widernatürlicher Unzucht“ eingeliefert. Nun wurde auch eine Personenbeschreibung von ihm erstellt: Größe: 1,72 m, bartlos, blaue Augen, schlanke Gestalt, ovales Gesicht, Glatze, keine besonderen Kennzeichen. Er wurde vermutlich in Magdeburg und wahrscheinlich aufgrund § 175a StGB zu drastischen vier Jahren Zuchthaus verurteilt und am 16. Juni 1938 in das Zuchthaus Coswig transportiert.

Etwa im Januar 1942 dürfte er seine Strafe verbüßt haben. Doch der mittlerweile 43Jährige wurde nicht in die Freiheit entlassen sondern am 19. Februar 1942 mit weiteren fünf Homosexuellen in das KZ Buchenwald eingeliefert. Er erhielt die Nummer „1.542 Homosexueller“.

Bereits nach rund drei Wochen wurde er am 13. März 1942 weiter in das Männerlager des KZ Ravensbrück transportiert, wo er die Nummer 1.432 erhielt. Von dort wurde er nach weiteren vier Monaten am 20. Juli 1942 in das KZ Dachau transportiert, wo er zwei Tage später ankam und die Nummer 32.057 erhielt.

Er muss nun schwer erkrankt sein. Bis hierher sind seine Daten noch verlässlich. Sicher ist auch, dass er am 14. Oktober 1942 von Dachau aus auf einen „Invalidentransport“ mit unbekanntem Ziel kam. Es gab solche Transporte für nicht mehr arbeitsfähige und kranke Häftlinge z.B. von Dachau in das Schloss Hartheim, wo die Häftlinge vergast wurden. Seine nachfolgenden Todesdaten sind zumindest unsicher, wenn nicht gar gefälscht, um die Mörder zu schützen. Er starb angeblich am 17. November 1942 im KZ Dachau an Herzversagen im Alter von 43 Jahren. Nur rund neun Monate hatte er das KZ-System der Nazis überlebt. Tatsächlich starb er aber doch wohl durch die Strapazen der Haft und die Unterversorgung im KZ.

Otto Friedrich Könnecke

Kurt Ernst Paul Lorenz, geboren am 6. August 1896 in Magdeburg, Bankbeamter, wohnhaft in Magdeburg Leipziger Straße 67, wurde wegen Verstoßes gegen § 175 am 11. Februar 1941 in das KZ Sachsenhausen transportiert, dort ermordet am 8. Juli 1941.

Was wissen wir von ihm?

Kurt Ernst Paul Lorenz wurde 1896 in Magdeburg als Sohn des königlichen Feldmessers Anton Lorenz geboren und evangelisch getauft . Der Ledige wohnte auch später in Magdeburg, Leipziger Straße 67, und war von Beruf Bankbeamter.

Am 11. Februar 1941 transportierte man ihn in das KZ Sachsenhausen, wo ihn die SS als „§175-Berufsverbrecher“ einstufte und er die Häftlingsnummer 35.806 erhielt. Untergebracht wurde er im Block 36, in dem auch viele andere Homosexuelle einquartiert waren. Er erkrankte und musste am 10. Juni 1941 in das Häftlingskrankenrevier. Kurt Lorenz wurde am 8. Juli 1941 im Alter von 44 Jahren im Isolierungsblock des Häftlingskrankenreviers ermordet. Zu seinem Tod gab die SS für die Sterbeurkunde an, er sei angeblich um 13:35 Uhr an »Herz- und Kreislaufschwäche« verstorben.

Informationsstand 2018

Kurt Lorenz

Otto Friedrich Könnecke, geboren am 2. Januar 1902 in Breitenhagen bei Calbe in Sachsen-Anhalt, Straßenbahnschaffner, wohnhaft in Magdeburg, Braunschweiger Straße 102, ermordet am 26. Januar 1941 im Konzentrationslager Sachsenhausen.

Was wissen wir von ihm?

Otto Friedrich Könnecke wird am 2. Januar 1902 in Breitenhagen bei Calbe (heute zu Barby gehörend) geboren. 1934 ist der Ledige Straßenbahnschaffner in Magdeburg. Er lebt mit seiner Mutter, Sophie Könnecke, in Magdeburg, in der Braunschweiger Straße 102.

Am 25. August 1934 liefert die Polizei Magdeburg den 32-Jährigen zur Untersuchungshaft in das Gerichtsgefängnis Magdeburg ein, und am 3. November 1934 verurteilt ihn ein Gericht wegen „widernatürlicher Unzucht“ zu 3 Monaten Gefängnis. Da er geständig ist, gilt auch die Untersuchungshaft als Strafhaft, und so entlässt man ihn bereits am 24. November 1934 aus der Haft nach Hause. In den Unterlagen zur Haft wird er so beschrieben: 1,70 m groß, schlanke Gestalt, rasiert, blaue Augen und blondes Haar.

Am 26. Januar 1939 liefert die Polizei Magdeburg Otto Könnecke allerdings erneut wegen §175 in die Untersuchungshaft ein. Er wohnt zu dieser Zeit immer noch mit seiner Mutter zusammen an seiner alten Anschrift. Ein Gericht in Magdeburg verurteilt den 37-jährigen Arbeiter wegen „widernatürlicher Unzucht“ am 9. Februar 1939 zunächst zu acht Monaten Gefängnis und am 15. Juni 1939 nochmals, diesmal nach §175a, zu einer Gesamtstrafe von einem Jahr und acht Monaten Gefängnis, abzüglich von zwei Wochen Untersuchungshaft. Am 13. Februar 1939 transportiert man ihn in das Strafgefangenenlager Oberlangen im Emsland. Dort hat er im Moor Schwerstarbeit zu leisten.

Zu seinem Strafende am 25. September 1940 wird er offenbar nicht in die Freiheit entlassen, sondern der Polizei übergeben, denn etwa im November 1940 überführt ihn die Polizei in das KZ Sachsen- hausen, wo er in der Kategorie „Berufsverbrecher“ die Häftlingsnummer 34.108 erhält. Wie all die anderen homosexuellen Männer im KZ Sachsenhausen teilt man sicher auch ihn in die Strafkompanie ein, in der die Haftbedingungen am schlimmsten sind.

Am 26. Januar 1941 um 6 Uhr stirbt Otto Könnecke im KZ Sachsenhausen im Alter von 39 Jahren, angeblich an akuter Herzschwäche bei einem schweren Dickdarmkatarrh, tatsächlich aber doch wohl an den Strapazen der jahrelangen Haft und Zwangsarbeit und der chronischen Unterversorgung im KZ.

Informationsstand Oktober 2015

Rudolf Strutz

Rudolf Strutz, geboren am 9. Mai 1913 in Wernigerode, Steinmetz, wohnhaft in Magdeburg, Dorotheenstr. 16, verhaftet am 6. Juli 1939 wegen des Verstoßes gegen § 175, zwei Jahre Gefängnishaft im Polizeigefängnis Magdeburg, anschließend am 2. Juni 1941 KZ Sachsenhausen; ermordet am 21. Mai 1942.

Was wissen wir von ihm?

Rudolf Strutz wurde am 9. Mai 1913 in Wernigerode im Harz geboren und evangelisch getauft . Der Ledige wohnte später in Magdeburg in der Dorotheenstraße 16 und war von Beruf Steinmetz.

Die Polizei Magdeburg lieferte ihn am 6. Juli 1939 wegen eines Verstoßes gegen §175a zur Untersuchungshaft in das Gefängnis Magdeburg ein. Hier beschrieb man ihn wie folgt: 1,69 m groß, schlanke Gestalt, rasiert, graue Augen und blondes Haar. Er hatte eine Gefängnisstrafe als Vorstrafe.

Das Landgericht Magdeburg verurteilte ihn Ende September wegen „Unzucht mit Männern“ unter Anrechnung von 116 Tagen, einer Stunde und 38 Minuten Untersuchungshaft auf die Strafhaft zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren. Auf seiner Karte vermerkte man, dass er in „Überhaft“ für die Kriminalpolizei Magdeburg zwecks Vorbeugungshaft bleiben sollte. Und so entließ der Justizvollzug ihn nach voll verbüßter Strafe nicht in die Freiheit, sondern lieferte ihn am 2. Juni 1941 der Polizei aus.

Die Polizei transportiert ihn in das KZ Sachsenhausen. Möglicherweise musste er dort im Juli 1941 in das Häftlingskrankenrevier. Rudolf Strutz verstarb am 21. Mai 1942 im Alter von 29 Jahren im KZ Sachsenhausen.

Informationsstand März 2018

Gespendet von Pfarrer Ronny Hillebrand und Pfarrer Thoralf Thiele